Europa braucht den Neustart

Wenn es gut geht, ist es ein Erfolg für Europa. Doch wenn es schiefgeht, dann sind nur die nationalen Politiker schuld. Nach diesem simplen Strickmuster hat die EU-Kommission in Brüssel die Präsidentschaftswahl in Österreich und das gescheiterte Referendum in Italien kommentiert. Sie liegt doppelt falsch.

Denn natürlich ist es kein Erfolg für Europa, wenn in Österreich 46 Prozent der Wähler ihre Stimme für einen Rechtspopulisten vom Schlage Norbert Hofers geben. Es ist sogar ein Alarmsignal, denn die EU-freundliche politische Mitte ist bei dieser Wahl in die Bedeutungslosigkeit gesunken. Und Hofer hat fast so viele Stimmen geholt wie Donald Trump in den Vereinigten Staaten.

Umgekehrt ist es eine Niederlage für die EU, wenn in Italien ein überzeugter Europäer wie Matteo Renzi scheitert. Schließlich war die verunglückte Verfassungsreform ja auch dazu gedacht, weitere Strukturreformen zu erleichtern, wie sie Brüssel fordert. Daraus wird nun nichts. Stattdessen stürzt ein weiteres EU-Land in die Krise.

Wenn man richtig zählt, ist es bereits das vierte Land in diesem Jahr. Zuerst haben die Niederlande gegen das EU-Abkommen mit der Ukraine gestimmt. Seither findet die Regierung keinen Ausweg. Danach kam der Brexit in Großbritannien. Auch dort findet die Regierung keinen Ausweg. Zuletzt hat auch noch Präsident Francois Hollande in Frankreich das Handtuch geworfen.

Bleibt Deutschland – nur in Berlin ist die Welt für die EU noch in Ordnung, Angela Merkel sei Dank. Doch auch dieser Eindruck täuscht. Denn sowohl in Österreich als auch in Italien stand die deutsche Europapolitik im Kreuzfeuer der Kritik. Die Gegner arbeiten sich schon längst nicht mehr an Brüssel ab, sondern an der „eisernen Kanzlerin“ in Berlin.

Aus Berlin muss deshalb auch die Wende kommen. Merkel muss endlich einen Neubeginn in Europa zulassen. Eigentlich war er schon seit dem Brexit fällig. Jetzt ist er überfällig.

Dieser Kommentar erschien in der taz vom 06.11.2016

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Desintegration droht

Die deutsch-französischen Beziehungen müssen auf eine neue Grundlage gestellt werden. Dies fordert eine Reflexionsgruppe am Institut Genshagen, an der ich mitwirke. Zitat:

Berlin und Paris sind kaum noch in der Lage, ihrer früheren Funktion als Bindeglied zwischen unterschiedlichen Mit- gliedergruppen in der stark vergrößerten EU nachzukommen und für eine Mehrheit der EU-Mitglieder akzeptable Kompromisse vorzubereiten.

Das Problem geht damit weit über Berlin und Paris hinaus, es betrifft die gesamte EU. Daraus (und aus den britischen Absetz-Bewegungen) leitet sich die Gefahr der Desintegration ab:

Aus der europäischen und deutsch- französischen Krise darf keine Desintegration der Europäischen Union insgesamt werden. Ein derartiger Paradigmenwechsel hätte in der EU politisch und ökonomisch nur Verlierer.

Leider ist dieser Prozess schon weit fortgeschritten; ein „Brexit“ ist in greifbare Nähe gerückt. Mehr dazu im ersten Positionspapier; der Text steht hier.

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Berlin

Berlin, Hauptstadt Preussens und des „deutschen Europa“ (U. Beck). Dabei möchten die Deutschen die EU gar nicht führen, wie auch die Bundesregierung immer wieder betont. Im Kanzleramt (Foto) fallen zwar zentrale Entscheidungen für Europa, doch niemand soll es merken.

Hier bin ich einmal im Jahr, wenn die deutschen EU-Korrespondenten von der Kanzlerin vertraulich „gebrieft“ werden. Leider erfährt man selten wirklich Neues; im „Haifischbecken“ Berlin gibt es ohnehin keine Geheimnisse. Interessanter ist es meist im AA und im Wirtschaftsministerium.

Außen- und Wirtschaftspolitik sind denn auch in Berlin meine Schwerpunkte – neben den klassischen EU-Themen. Zudem gebe ich in der Hauptstadt Seminare, moderiere Podiumsdiskussionen oder diskutiere selbst mit – zuletzt beim „Europäischen Dialog“ in Genshagen. Mehr dazu hier

Foto: Shutterstock / Bildagentur Zoonar GmbH – Zitat auf der Homepage aus E. Bonse: „Gelungene Provokation“ (taz)

 

 

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