Ukraine-Krieg: Der Mainstream aus Brüssel

Zum ersten Mal seit vielen Jahren ist in Europa Krieg. Weltreporter Eric Bonse in Brüssel spricht über die Allgegenwart der Liveticker und den Kampf der Narrative.

Eric, wann hast du den letzten Artikel geschrieben, der nicht mit der Ukraine zu tun hatte? 

Ja, witzigerweise dann doch heute. Heute gab es nämlich die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. Und das hat nur indirekt mit der Ukraine zu tun, weil die Ukraine ja auch den Kandidatenstatus bekommen hat beim letzten Gipfel. Und da hat man die ganze Zeit über die Ukraine gesprochen. Nun gibt es zum ersten Mal wieder gute Nachrichten aus anderen Nachbarländern der Europäischen Union.

Wie groß ist der Anteil der Ukraine-Berichterstattung an dem, was Du schreibst? 

Ich schreibe fast nur noch Beiträge zur Ukraine, zum Krieg und zu den Sanktionen. 

Das dürfte schon 80, 90 Prozent ausmachen. Gestern (am 18. Juli) hatten wir die Außenminister in Brüssel, die haben wieder ein neues Sanktionspaket erarbeitet. Und da stand auch wieder die Ukraine im Mittelpunkt, und der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wurde per Videokonferenz zugeschaltet. Das ist also Routine mittlerweile.

(…)

Bei unserem letzten digitalen Weltreporter-Stammtisch hatte ich den Eindruck, dass Du Dich ziemlich über die Berichterstattung über die Ukraine ärgerst – Was frustriert oder verärgert Dich daran so? 

Na ja, also erst einmal ist es für mich neu und unerfreulich, überhaupt über Krieg schreiben zu müssen. Krieg in Europa galt eine ganze Zeit lang als ausgeschlossen. Wir hatten zwar natürlich die Jugoslawien-Kriege, die haben ja auch fast zehn Jahre gedauert. Das haben die meisten aber schon verdrängt. Und die Europäische Union ist ja nun mal angetreten als Friedensunion und mit dem ausdrücklichen Ziel, Krieg in Europa unmöglich zu machen. Das ist per se schon ärgerlich und traurig auch, dass es so weit gekommen ist. 

Und ärgerlich ist auch, dass die Europäische Union sich zu keinem Zeitpunkt die Frage gestellt hat: „Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Warum haben wir eigentlich unser zentrales Ziel verfehlt?“ Was mich außerdem ärgert ist, dass auch diese Berichterstattung sehr stark gemainstreamt wird, wie vorher schon die Berichte über die Corona-Pandemie.

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