Die EU-Kommission will dem Pentagon nacheifern und einen militärisch-industriellen Komplex in Europa schaffen. Dafür werden immer neue Pläne geschmiedet – überzeugen können sie alle nicht. – Eine Kolumne im „Makroskop“
In der Europäischen Union dürfte es künftig einfacher werden, eine Waffenschmiede aus dem Boden zu stampfen, als eine Kita zu eröffnen. Nach spätestens 60 Tagen sollen die Behörden grünes Licht für einen neuen Rüstungsbetrieb geben – bei einer Kita hingegen kann es in Deutschland schon mal sechs Monate dauern.
Auch die Geldbeschaffung für Rüstungsprojekte soll spürbar erleichtert werden. Um Investitionen in die Verteidigung anzukurbeln und Russland die Stirn zu bieten, werden Maschinengewehre und Kampfpanzer in der EU als ebenso nachhaltig und umweltverträglich eingestuft wie Wärmepumpen oder Sonnenkollektoren.
Das klingt wie ein schlechter Witz – ist aber ein durchaus ernst gemeinter Vorschlag von EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius. Sein „Omnibus“, neudeutsch „Vereinfachungspaket“, zielt darauf ab, bürokratische Hürden abzubauen, um die europäische Produktion auf Kriegswirtschaft umzustellen.
Der Vorstoß richtet sich an die Mitgliedsstaaten, die für die Verteidigung zuständig sind (Brüssel war bisher außen vor), vor allem aber an die Industrie. Sie soll nicht nur von beschleunigten Genehmigungsverfahren profitieren. Die Branche soll auch freie Hand bei der Nutzung von Chemikalien für die Waffenproduktion erhalten.
Das ist brisant, denn damit legt die Kommission die Axt an die strenge europäische Umwelt- und Chemikalien-Gesetzgebung. Außerdem hebelt sie die eigenen Wettbewerbsregeln aus. Wenn eine Fusion die Verteidigungsfähigkeit stärkt, soll dies positiv in die Beurteilung der Wettbewerbshüter einfließen.
Big is Beautiful, meint man neuerdings in Brüssel. Während es bisher darum ging, Monopole zu zerschlagen, eifert die EU-Kommission nun dem Pentagon nach. In Windeseile möchte die Behörde einen militärisch-industriellen Komplex in Europa aufbauen und möglichst große Rüstungskonzerne schaffen.
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