Europa nach der Bundestagswahl

Die EU fürchtet eine lähmende deutsche Regierungsbildung, ist aber auf die Übergangszeit besser vorbereitet als beim letzten Mal. Konflikte zeichnen sich bei den Themen Verteidigung und Finanzen ab. – Eine Analyse für „Europe.Table“.

Deutschland wählt, Europa wartet: Kurz vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag bereitet sich die EU auf eine wochenlange Hängepartie vor. „Wir hoffen, dass die Regierungsbildung nicht so lange dauert wie 2017“, sagen EU-Diplomaten und Europaabgeordnete in Brüssel.  

Vor vier Jahren sind fast sechs Monate vergangen, bis die Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel stand. In der Zwischenzeit ging fast nichts mehr in der EU. Auch in Paris war man genervt. Präsident Emmanuel Macron wollte Europa neu aufstellen – doch Merkel stellte sich taub.  

Vier Jahre später droht ein Remake, in Brüssel stellt man sich auf eine langwierige und lähmende deutsche Regierungsbildung ein. Allerdings sind die EU-Politiker diesmal besser vorbereitet. Merkel und Macron haben vereinbart, bis zum Machtwechsel in Berlin eng zusammen zu arbeiten.

Für Kontinuität in der deutsch-französischen Zusammenarbeit ist also gesorgt. Zumindest bis zum Europäischen Rat im Oktober, womöglich aber noch bis Dezember werde Merkel weiter im Amt sein und sich mit Macron abstimmen, heißt es im Rat, der Vertretung der 27-EU-Staaten.

Da Paris im Januar 2022 den halbjährlichen EU-Vorsitz übernimmt, machen sich EU-Diplomaten auch für die Zeit nach dem Ende der Merkel-Ära keine allzu großen Sorgen. Macron hat seine Agenda bereits abgesteckt, sie wird auch Merkels Nachfolger bzw. Nachfolgerin beschäftigen. 

Klimaschutz, Verteidigung und die Regulierung des Internets – diese Themen stehen auf dem (vorläufigen) französischen Programm. Deutsche Expertengruppen zum neuen EU-Klimapaket „Fit for 55“ sollen unabhängig vom Wahlausgang für Kontinuität bei den Beratungen im Rat sorgen. 

Mit einem Abschluss beim Klimapaket wird erst im 2. Halbjahr 2022 gerechnet – genug Zeit also für den oder die Merkel-Nachfolgerin, eigene Akzente zu setzen. „Deutschland ist nicht aus dem Spiel“, sagt ein Diplomat. Berlin werde dafür sorgen, dass kein Vakuum entsteht.

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