EU-Sanktionen: Das Hauptziel wurde verfehlt

Mit elf Sanktionspaketen hat die EU auf den Angriff Russlands in der Ukraine reagiert. Doch der Krieg geht weiter – und die Strafmaßnahmen treffen nicht nur Russland. Eine vorläufige Bilanz für die „taz“.

In Brüssel ist eine neue Debatte über die Sanktionen gegen Russland entbrannt. Zwei Wochen nach Einigung auf das elfte Sanktionspaket geht es um die Frage, ob die Europäische Union ihre Strafmaßnahmen gegen die russische Landwirtschaftsbank lockern sollte.

So ließe sich womöglich verhindern, dass Russland aus dem am 17. Juli auslaufenden Getreideabkommen mit der Ukraine aussteigt, sagen EU-Diplomaten. Moskau behauptet, dass die EU-Sanktionen gegen russische Banken den Export von Dünger und Getreide nach Afrika behindern. Die EU bestreitet dies.

Das Gezerre zeigt, dass die EU-Sanktionen nicht nur Russland treffen. Gleichzeitig geht der Krieg in der Ukraine unvermindert weiter. Sind die Sanktionen also gescheitert? Ist der „Wirtschaftskrieg“, wie es der britische Historiker Adam Tooze nennt, aus dem Ruder gelaufen?

Bisher sind diese Fragen in Brüssel tabu. Die EU-Kommission behauptet, ihre Politik sei alternativlos – und erfolgreich.

„Die Sanktionen wirken“, sagt auch Nicole Deitelhoff von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Allerdings sei das Hauptziel, ein Ende des Krieges also, verfehlt worden.

Eine Verhaltensänderung sei auch am schwersten zu erreichen, räumte die Politikwissenschaftlerin bei einer Expertendiskussion in Brüssel ein. Die bisherige Bilanz sei „gemischt“, eine Kosten-Nutzen-Analyse fehle.

„Sanktionen sind ein Langstreckeninstrument, für einen Sprint sind sie nicht geeignet“, so die Expertin. Zudem könnten sie nur dann als Hebel wirken, wenn man sie auch wieder aufheben kann. „Das müsste viel mehr diskutiert werden“, forderte Deitelhoff.

Die EU müsse eine Führungsrolle übernehmen und „Bedingungen für erste Teilaufhebungen“ formulieren. Bisher gibt es dafür aber keine Anzeichen.

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